Sechs Handschuh-Hersteller haben uns ihre wärmsten Wintermodelle geschickt. Kann eines von ihnen die notorisch durchgefrorenen Hände der DRAHTESEL-Chefredakteurin warmhalten?

Testbericht: Ruth Eisenreich, Tipps: Reinhold Seitl, Fotos: Hersteller

Kein kalter Wintertag ohne steife, schmerzende Finger: Eigentlich friere ich nicht allzu schnell, aber meine Hände sind eine Ausnahme.

Jahrelang bin ich mit Skihandschuhen geradelt (und habe sie verflucht, sobald ich mein Smartphone nutzen musste), erfolglos habe ich Kombinationen von Unter- und Überhandschuhen ausprobiert. Lenkerhandschuhe aus dem Internet, darunter Stoffhandschuhe mit Touchscreen-Fingern waren letzten Winter meine Rettung.

Aber es muss doch besser gehen? Wir haben sechs Hersteller gebeten, uns ihre jeweils wärmsten Winterhandschuhe zu schicken. Die Maße meiner Hände haben wir gleich mitgeschickt.

Um die Ergebnisse halbwegs unabhängig von Wetter und Tagesverfassung zu machen, fahre ich im       November im Pippi-Langstrumpf-Stil durch die Gegend: Auf einer Hand trage ich einen Testhandschuh, auf der anderen einen einfachen Stoff- oder einen billigen Skihandschuh. Oder ich fahre mit zwei verschiedenen Testhandschuhen, um sie miteinander zu vergleichen.

Wirklich kalt wurde es bis Redaktionsschluss der Print-Ausgabe Anfang Dezember leider nie. Ein erneuter Vergleich der drei wärmsten Testhandschuhe (von Vaude, Force und Chiba) bei Temperaturen um die null Grad im Jänner ergab ein klares Unentschieden. Die Chiba-Handschuhe schnitten minimal besser ab als die beiden anderen, was aber vermutlich daran lag, dass sie mir am besten passten. Unterschiede gab es bei der Frage, welche Finger als erste froren – aber bei allen drei Modellen begann das Kältegefühl nach ungefähr 45 Minuten einzusetzen

VAUDE SYBERIA III
Ich bin kein gutes Meerestier

Drei-Finger-Handschuhe oder Hummer-Handschuhe nennt man Modelle wie dieses: Zeige- und Mittelfinger sind gemeinsam verpackt, Ring- und kleiner Finger ebenso.

Es ist eine gewöhnungsbedürftige Konstruktion. Dass ich meinen Zeigefinger nicht flexibel bewegen kann, stört mich. Und während mein Ringfinger und mein kleiner Finger viel Platz haben und lange warm bleiben, werden mein Zeige- und Mittelfinger unangenehm eng aneinander gedrückt und – vermutlich deshalb – deutlich schneller kalt.

Insgesamt hält der Vaude Syberia III meine Hände etwa gleich warm wie mein alter Skihandschuh. Aber er hat auch denselben großen Nachteil: Eine Touchscreen- Beschichtung gibt es nicht – will ich unterwegs das Smartphone verwenden, muss ich das mit bloßen Händen tun.

FORCE ARCTIC PRO
Ein Handschuh für Langfinger

Pianistin müsste man sein! Der Force Arctic Pro ist ein Handschuh für Menschen mit langen Fingern und schmalen Händen. Ein dicker Fingerhandschuh mit einem breiten, weichen Gummibündchen am Handgelenk, der sich im ersten Moment schön warm und kuschelig anfühlt – nur sind mir leider schon in Größe S, die sich auf meiner Hand grenzwertig eng anfühlt, die Finger deutlich zu lang.

Vielleicht ist das auch die Erklärung dafür, dass der Handschuh meine Hände weniger gut warmhält, als ich aufgrund seiner Dicke vermutet hätte.

Die Fingerspitzen von Daumen und Zeigefinger bestehen aus einem anderen Material als der Rest, laut Herstellerangaben ist der Handschuh Touchscreenkompatibel. Mein Handy ist allerdings anderer Meinung und lässt sich, egal wie oft und aus welchem Winkel ich es versuche, nicht zu einer Reaktion bewegen.

LÖFFLER GLOVES WS WARM
Für Winter in warmen Gefilden

Der erste Gedanke beim Öffnen der Packung: Haben die sich im Modell geirrt? Unter allen Testhandschuhen ist dieses Paar am dünnsten. Das Material kann das nicht ausgleichen: Kurz nachdem die Fingerspitzen meiner stoffbehandschuhten Hand kalt werden, werden es auch die im Löffler-Handschuh.

Die Handschuhe sind für mich groß geschnitten, die Finger eine Spur zu lang. Sie fühlen sich dennoch recht bequem an. Der Bund am Handgelenk ist kürzer und weiter als bei den anderen getesteten Modellen.

Der Nachteil in Sachen Wärmeleistung ist ein Vorteil in Sachen Fingerfertigkeit: Einen Zipp zu schließen oder meine Ohrstöpsel zu richten, ist mit keinem der getesteten Handschuhe ganz einfach – das Modell von Löffler schneidet dabei aber mit am besten ab.

Anders ist es beim Tippen auf dem Smartphone. Der Löffler-Handschuh hat zwar Touchscreen-Applikationen, aber diese sind so klein und so unpraktisch angebracht, dass schon das Eingeben eines PIN-Codes zum Geduldsspiel wird.

XLC WINTERHANDSCHUH CG-L17
Flexibilität mit Beule

Am Handrücken des mitteldicken Fingerhandschuhs von XLC ist ein Regenschutz befestigt, der je nach Bedarf über die Hand gezogen oder in ein Täschchen am Handgelenk gestopft werden kann. Im Überzug sind Daumen und Zeigefinger jeweils einzeln, die anderen drei Finger gemeinsam verpackt.

Ob mit oder ohne Überzug, der Handschuh fühlt sich bequem an. Die Konstruktion hat allerdings ihre Tücken:

Trage ich den Handschuh ohne Überzug, habe ich eine Touchscreen-Beschichtung an Daumen und Zeigefinger zur Verfügung, mit der ich mit etwas Geduld auch eine kurze Nachricht tippen kann. Ich muss dann allerdings mit einer Beule am Handgelenk leben, und der Handschuh fällt in Sachen Wärme durch: Meine Finger werden darin fast genauso schnell kalt wie in dünnen Stoffhandschuhen.

Ziehe ich den Regenschutz über, bleiben die Finger deutlich länger warm – die Touchscreen-Funktion ist dann allerdings weg.

CHIBA ALASKA PRO
Der Smartphone-Champion

Dass Drei-Finger-Handschuhe auch richtig bequem sein können, lerne ich am Chiba Alaska Pro. Anders als beim Modell von Vaude sind hier Daumen und Zeigefinger jeweils einzeln verpackt, die anderen drei Finger stecken in der selben Hülle und sind im Inneren durch dünne Stoffschichten getrennt. Für mich fühlt sich das wesentlich besser an.

Auch sonst fühlen sich meine Hände in diesem Handschuh sehr wohl: Er gehört zu den dicksten im Test, reicht weit übers Handgelenk, ist schön kuschelig und kann wärmetechnisch gut mit meinem alten Skihandschuh oder dem Vaude-Modell mithalten.

Und er hat einen großen Vorteil: die erstaunlich gut funktionierenden Touchscreen- Fingerspitzen. Vielleicht liegt es daran, dass mir der Chiba Alaska Pro einfach besonders gut passt – aber selbst das Tippen einer Nachricht gelingt mir trotz seiner Dicke fast so schnell wie mit bloßen Händen, ich erwische beinahe jeden Buchstaben fehlerfrei.

Einen Zippverschluss zu schließen oder Ohrstöpsel zu richten, ist mit dem dicken Handschuh schwierig. Schalten und bremsen kann ich damit aber problemlos.

SQLAB ONE10
Für schmale und für breite Hände

Eine eigentlich naheliegende, aber selten umgesetzte Idee: Beim Handschuh SQ Lab kann man nicht nur zwischen verschiedenen Größen wählen, sondern auch zwischen den Varianten „slim“ und „wide“.

Der Fingerhandschuh sitzt bequem, hat einen gut schließenden Klettverschluss am Handgelenk und eine einigermaßen funktionierende Touchscreen-Beschichtung an Daumen und Zeigefinger.

Ähnlich wie das Modell von XLC hat auch der SQ Lab einen Regenüberzug am Handrücken, der in einem Täschchen am Handgelenk verstaut werden kann (und dort eine Beule bildet). Anders als bei XLC umhüllt der Regenschutz hier aber nur den Zeigefinger (einzeln) sowie Mittel-, Ring- und kleinen Finger (zusammen); der Daumen bleibt draußen.

Um einen wirklich warmen Winterhandschuh handelt es sich beim SQ Lab allerdings nicht: Er ist das zweitdünnste Modell im Test und ohne Regenschutz nur wenig wärmer als meine Stoffhandschuhe.

 

Tipps für warme Hände

  • Je kälter der ganze Körper ist, desto mehr Wärme entzieht er den Extremitäten. Deshalb sollten nicht nur Hände und Handgelenke, sondern auch andere Körperpartien warm gehalten werden. Das gilt vor allem für den Hals, den Nacken und den oberen Rücken: Dort beginnt die Versorgung der Arme – und somit der Hände – mit Blut, und über diesen Bereich gibt der Körper viel Wärme ab.
  • Muskelverspannungen in Hals, Nacken und oberem Rücken können zu Durchblutungsstörungen der Hände führen. Eine krumme Sitzhaltung mit weit nach vorne gestreckten Armen begünstigt solche Verspannungen. Wer sie vermeiden will, sollte den Rücken geradehalten, die Schultern senken, den Kopf nicht einziehen und gelegentlich die Arme kreisen. So bleiben die oberen und mittleren Teile des Trapezmuskels warm und beweglich.
  • Der Körper verbrennt in kalter Umgebung mehr Fett und noch viel mehr Kohlehydrate. Hunger lässt frieren; für winterliche Radtouren einen Snack oder Riegel einzustecken, ist daher sinnvoll.
  • Der Blutkreislauf braucht ausreichend Flüssigkeit. In trockener Winterluft verliert man über die Atmung oft mehr Wasser als man denkt. Ein heißes Getränk in einer isolierten Radflasche sollte daher auf längeren Strecken ebenfalls mit dabei sein.
  • Es ist doch passiert, die Finger sind durchgefroren? Zum Aufwärmen taucht man sie am besten in ein warmes, nicht heißes Wasserbad und knetet sie nur vorsichtig durch.Reinhold Seitl

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