Von Andrzej Felczak

Liebe Leserin, lieber Leser,

Andrzej Felczak, Vorsitzender von Radlobby ARGUS und Radlobby Österreich

Die Auswirkungen der Erderwärmung werden immer dramatischer: Auf Grönland schmilzt das Eis im erschreckenden Tempo; Indien erlebt lebensbedrohliche Hitzewellen mit bis zu 50 Grad; in Luxemburg und Amsterdam wüteten Tornados. In Österreich war das Vorjahr das wärmste der Messgeschichte, der heurige Juni der heißeste je registrierte.

Zur Eindämmung der Klimakrise müssen alle Staaten der Erde ihre Verantwortung übernehmen und den CO2-Ausstoß, so wie im Pariser Abkommen vereinbart, massiv verringern. Das meiste CO2 haben die klassischen Industriestaaten in die Atmosphäre geblasen – der CO2-Ausstoß pro Kopf beträgt in der „westlichen Welt“ immer noch ein Vielfachens als jener in den Entwicklungsländern. Es ist daher völlig gerechtfertigt, dass die Industrieländer die Hauptlast übernehmen.

In Österreich ist bisher davon leider nichts zu sehen. In Sachen Treibhausgas-Reduktion liegt unser Land unter den unter den fünf letzten EU-Staaten. Größter Problembereich beim Klimaschutz hierzulande ist der Verkehr: die Verkehrszunahme macht Einsparungen der anderen Sektoren (Industrie, Gebäude) wieder zunichte. Die Politik in Österreich ist offensichtlich nicht imstande, die entsprechenden Konsequenzen aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ziehen: Bei – international erprobten – Maßnahmen wie einer ökosozialen Steuerreform samt CO2-Steuer, der systematischen Errichtung von Radinfrastruktur und Förderung des Radverkehrs mit entsprechenden Mitteln, blieben die österreichischen Bundesregierungen säumig.

Der führende Klimaforscher Gottfried Kirchengast vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz nennt diese Politik „fahrlässig und verantwortungslos“. Zentrale Klimaschutzdaten mit Schwerpunkt Fahrrad finden Sie auf unsere Infografik in der Heftmitte (zum Herausnehmen).

Am 29. September findet die Nationalratswahl statt. Hier haben Sie als Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, die zukünftige Klimapolitik mitzubeeinflussen. Auf Seite 12 haben wir die Positionen der Parteien analysiert, um Ihnen eine Entscheidungshilfe zu bieten. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung auch den bisherigen Beitrag der Parteien zum Klimaschutz.

Beim Radfahren spielt in Österreich die Politik der Länder eine sehr große Rolle. Ein besonders krasses Negativbeispiel für fehlgeleitete Mobilitätspolitik ist das Land Niederösterreich. Eine präzise Analyse dazu findet sich auf Seite 15.

Außerdem in diesem Heft: Ein großer Schwerpunkt zum Thema Sattel und Sitzen. Jeder, der schon einmal längere Strecken mit dem Fahrrad gefahren ist, kennt den Leidensdruck, der sich mit einem suboptimalen Sattel aufbaut. Reinhold Seitl hat sich umfassend mit dem Thema auseinandergesetzt (zu lesen ab Seite 30).

Einige Leserinnen und Leser haben uns zu Recht darauf hingewiesen, wie wichtig auch bei Radreisen die klimagerechte Anreise ist. Ihnen sei die große Radreisegeschichte in diesem Heft besonders ans Herz gelegt: Caroline Leitner und Gerold Ludwig reisten von Barcelona nach Porto. Mit Kleinkind im Fahrrad-Anhänger. Nur mit Fahrrad und Bahn.

Das DRAHTESEL-Team wünscht allen gute und sichere Fahrt.

Andrzej Felczak