Das Modell der „schützenden Kreuzung“, wie es in den Niederlanden praktiziert wird, ermöglicht klare, effiziente und sichere Abläufe. Es würde sich lohnen, diese Kreuzung auch in Österreich einzusetzen. Eine Analyse von Andrzej Felczak und Roland Romano.

Wer kennt sie nicht, die Beispiele in Wien? Kreuzungen, an denen Radfahrende ewig auf Grünlicht warten müssen (Beispiel Liechtenwerder Platz). Kreuzungen, vor denen die Radinfrastruktur plötzlich im Nichts endet (Beispiel Wiedner Hauptstraße/Klagbaumgasse). Rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge, die vor Kreuzungen Radverkehrsflächen schräg queren und dabei Radfahrende übersehen (Beispiel Museumsstraße/Neustiftgasse). Kreuzungen, die keine Aufstellfläche für Radfahrende oder Zufußgehende bieten (Museumsplatz/Mariahilfer Straße). Kreuzungen, die zum Passieren ein mehrmaliges lästiges Warten auf Grün erfordern (Beispiel Schwarzenbergplatz).

Die persönliche Wahrnehmung vieler deckt sich mit den Erkenntnissen aus der Verkehrsforschung: Kreuzungen sind die Hotspots im Verkehrsgeschehen, sie sind jene Orte, wo sich die meisten Unfälle ereignen. Kreuzungen stellen besondere Herausforderungen an das Design von Verkehrswegen, insbesondere auf Hauptstraßen mit Hauptradwegen. Dichter Kfz-, Rad- und Fußgängerverkehr, schnelle Vorgänge und komplexe Situationen erfordern sorgfältige Verkehrsplanung und den Einsatz neuer Organisationsformen.
Eine Lösung, die uns besonders attraktiv und zweckmäßig erscheint, ist die sogenannte Schützende Kreuzung wie sie u.a. in den Niederlanden weit verbreitet ist. Das Besondere daran: Sie schafft baulichen Schutz von Radwegen auch im Kreuzungsbereich.

Eine Anordnung von Design-Elementen macht das Linksabbiegen einfach, das Rechtsabbiegen schnell und reduziert den Konflikt mit rechtsabbiegenden Kfz.

Die meisten Merkmale der Schützenden Kreuzung sind in Österreich schon länger bekannt und an vielen Kreuzungen bereits vorhanden, oft jedoch inkonsequent und ohne Gesamtabstimmung der einzelnen Funktionen. Hier ist mit wenig Aufwand und Ressourcen eine erhebliche Qualitätssteigerung im Fuß- und Radverkehr möglich.

Die richtigen Ampelphasen erleichtern das Vorankommen. Besonders sicher sind getrennte Ampelphasen von Kfz-Abbiegeströmen über den Radweg wie es sich zum Beispiel an der Kreuzung Getreidemarkt mit Linker Wienzeile in Wien findet. Eine Abwandlung dessen ist etwa das – in Kopenhagen gebräuchliche – „Rundum-Grün“: hierbei kann man die Zebrastreifen plus Radquerungen in einer einzigen Phase benutzen. Jedenfalls anzustreben ist ein „Vorgrün“ für den Fuß- und Radverkehr sowie ein Ablauf der Grünphasen gegen den Uhrzeigersinn, um das Linksabbiegen zu beschleunigen.

Übrigens: Auf freier Strecke braucht dieses Design gleich viel Platz wie eine herkömmliche Straße mit Radwegen. Im unmittelbaren Eckbereich der Kreuzung ist etwas mehr Raum für den Fuß- und Radverkehr erforderlich; diesen gilt es durch eine neue Platzverteilung bereitzustellen. Abschließend ist zu sagen, dass jede Kreuzung für sich genau betrachtet gehört. Nicht überall stellt die Schützende Kreuzung die beste Variante dar.

Merkmale von Schützenden Kreuzungen

1) Die neue Verkehrsinsel ist ein baulicher Schutz für Radfahrende bis kurz vor der Fahrbahnquerung – das Äquivalent einer Gehsteigvorziehung für den Radverkehr. Ein möglichst kleiner Außenradius sorgt für sichere Geschwindigkeit beim Rechtsabbiegen von Kfz.

2) Die weit vorgezogene Fahrrad-Haltelinie rückt Radfahrende direkt in das Sichtfeld von Kfz-Lenkenden und verleiht ihnen einen Vorsprung beim Geradeausfahren.

3) Die Fahrradquerung ist etwa fünf Meter vom rechten Fahrbahnrand abgerückt. Dieser Platz ist an vielen Kreuzungen heute schon in Form von Parkspuren, Grünflächen und ähnlichem vorhanden. Dadurch vollzieht ein abbiegendes Kraftfahrzeug eine Richtungsänderung von möglichst 90 Grad bevor es den Radweg quert. Das verbessert die Sichtbeziehungen und Radfahrende kommen durch eine leichte Kopfdrehung des Autolenkenden ins direkte Blickfeld.

5) + 8) Die Schützende Kreuzung verkürzt die ungeschützte Querungszeit zwischen den Randsteinen. Dies erhöht die Sicherheit und reduziert die Räumzeit und somit die „Ampelumlaufzeit“ – also jene Zeitspanne bis das Ampelprogramm zurück zur selben Position kommt. Kurze Ampelumlaufzeiten sind der entscheidende Faktor für kurze Ampelwartezeiten für alle.

4) Die neue Fußgänger-Aufstellfläche bietet Platz zum Aufstellen am Fahrbahnrand statt auf bzw. hinter dem Radweg. Auch der Radverkehr verläuft flüssiger und die Querung von Fuß- und Radverkehr erfolgt ampelfrei.

6) Schützende Kreuzungen bieten Radfahrenden ampelfreies Rechtsabbiegen als Standardausstattung an.

7) Zwischen Verkehrsinsel und Fußgänger-Aufstellfläche bildet sich eine definierte und baulich geschützte Wartefläche für Radfahrende. Die Fahrlinie dahinter bleibt frei.

Eine ausführliche Beschreibung dieses Kreuzungsdesigns und ein Video ist hier zu finden: radlobby.at/radwegkreuzungen
protectedintersection.com