(K)eine Chance für Diebe
Im oder am Fahrrad versteckte Ortungsgeräte liegen derzeit voll im Trend: Wird das Rad gestohlen, kann man es so wieder aufspüren. Klingt toll. Funktioniert auch. Aber die Tücke liegt im Detail.
TEXT: Mario Sedlak
ILLUSTRATIONEN: Daniela Bernold
Statistisch wird jede halbe Stunde irgendwo in Österreich ein Fahrrad gestohlen. Ein gutes Schloss kann da helfen, dass es nicht das eigene ist. Nur: Garantie ist das keine. Für den Fall der Fälle setzen daher immer mehr Radbesitzerinnen und -besitzer auf versteckte Bluetooth-Ortungsgeräte, die den Kontakt zu den rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümern nicht abreißen lassen sollen.
„AirTag“ – ein „generischer“ Begriff

Schickt der Tracker ein Signal, kann man ihn per Handy orten. Und – hoffentlich – das Rad „befreien“.
Bluetooth-Ortungsgeräte haben keinen GPS-Empfänger. Sie können ihre Position also nur übermitteln, wenn irgendjemand – je nach Betriebssystem des Tags – mit einem iPhone respektive der Android-App in der Nähe ist. Bluetooth reicht meist 10, höchstens 20 Meter weit. Dafür sind AirTags (der Name wird „generisch“ auch für Devices aller Hersteller) kleiner und billiger als „echte” GPS-Ortungsgeräte. Es fallen weder Verbindungs- noch andere Kosten an – außer für die Batterie, die meist ein Jahr hält.
AirTags & Co. wurden eigentlich nicht zur Ortung von gestohlenen, sondern von verlorenen oder verlegten Gegenständen wie Schlüssel, Fernbedienungen, Regenschirmen und dergleichen entwickelt. Bewegt sich der „Tracker“, ohne dass man selbst in der Nähe ist, wird am Handy in der Regel – aber längst nicht bei allen Geräten standardisiert-automatisch – Alarm ausgelöst. So weit, so sinnvoll, um Diebstahlversuche frühzeitig zu erkennen.
Schutz vor Stalking warnt auch Diebe
Es gibt aber ein „Aber“: Wenn sich ein mit einem AirTag getaggtes Objekt länger (in der Regel acht Stunden) bewegt, ohne dass die Person, der es gehört, in der Nähe ist, fängt der „Tag“ zu piepsen an.
Das macht Sinn: AirTags wissen nicht, ob sie einen bösen Menschen verfolgen oder ob sie einem unschuldigen Opfer untergejubelt wurden, um es zu stalken. Sie sind so klein, dass sie unauffällig in Handtaschen, Kleidung oder Stofftieren versteckt werden können. In den USA gab es 2023 deshalb Sammelklagen gegen Apple. AirTags waren dort systematisch eingesetzt worden, um – fast ausschließlich – Frauen zu stalken. Auch Morde stehen in direktem Zusammenhang mit Stalking via AirTag. In einem Fall soll ein Mann seine Partnerin ermordet haben, weil sie den Tag entfernte.
Nutzt man AirTags zur Ortung gestohlener Fahrräder, werden Diebe also durch das Piepsen gewarnt: Sie können dann die Tags suchen und entfernen – oder das Rad wegwerfen. Das Piepsen kann man allerdings verhindern, indem man den Lautsprecher funktionsunfähig macht. (Am „grauen“ Markt gibt es auch nicht-piepsende Tags). Dennoch wird man über eine Meldung am Handy gewarnt, wenn einem ein Airtag dauerhaft folgt – und zwar betriebssystemunabhängig.
Mit iPhones oder speziellen Android-Apps lassen sich versteckte (Apple) AirTags dann zum Piepsen bringen und – wenn das Handy Ultrabreitband-Technologie unterstützt – exakt orten.
In die AirTag-Alternativen anderer Hersteller sind sehr ähnliche Funktionen meist ebenfalls eingebaut.
Leicht entfernbare Tags, egal wie gut sie getarnt sind, bringen also wenig. Abschrecken könnten Tags, an die man nur rankommt, wenn man die ganze Tretkurbel ausbaut oder den Motor eines E-Bikes zerlegt. Bei teuren Rädern werden Kriminelle diesen Aufwand eventuell in Kauf nehmen. Außerdem: Zum Wechseln der Batterie muss man dann auch selbst dort rankommen.
Besser mit GPS
Wer sein Fahrrad wirklich liebt, sollte also über ein „echtes“ GPS-Ortungsgerät nachdenken. Die gibt es auch zum Versteckt-Einbau in (unter anderem) Motorgehäuse, Lenker, Flaschenhalter, Rücklicht oder Sattelrohr.
Idealerweise sind sie an Dynamo oder Akku angeschlossen, sodass sie nicht regelmäßig extra aufgeladen werden müssen. Da in einem geschlossenen Kastenwagen kein GPS-Empfang möglich ist, sollte so ein Gerät auch eine grobe Ortung über das Mobilfunknetz unterstützen. Ansonsten meldet sich das geliebte und teure Zweirad womöglich erst wieder von einem Flohmarkt in Litauen.
Und für den Fall, dass das Rad in ein großes Haus mit mehreren Geschoßen oder Wohnungen „verschleppt“ wird, sind Bluetooth-Ortung und die Möglichkeit, einen Signalton einzuschalten, hilfreich, um die Polizei davon zu überzeugen, dass das Rad tatsächlich der anzeigenden Person gehört – und die genau weiß, wo es sich befindet.