Wenn es darum geht, Gründe fürs Nicht-Radeln zu finden, haben Fahrrad-Muffel gerne diesen einen zur Hand: schlechtes Wetter. Eine genaue Analyse von Ines Ingerle und Roland Romano zeigt allerdings: Es regnet seltener als man meinen könnte


Es ist eine Frage, mit der Alltags-Radfahrende immer wieder konfrontiert sind: Wie kannst du bloß täglich mit dem Rad fahren? Was ist, wenn es regnet oder schneit?

Der Mythos rund um das „schlechte Wetter“ war der Ausgangspunkt für eine Task-Force der Radlobby Österreich, sich einmal etwas eingehender mit den Wetterdaten in Österreich zu befassen. Im Zentrum der Untersuchung standen die Regenmelder-Daten der Zentralanstalt für Meteorologie (ZAMG) für die österreichischen Landeshauptstädte von Jänner 2015 bis Dezember 2017. Präzise auf die Minute wird dort nämlich jeder Regentropfen dokumentiert.

Um jetzt zu einer lebensnahen Analyse zu kommen, arbeitete man mit einer fiktiven Radfahrenden-Persönlichkeit, die rechnerisch zwei Stunden täglich aufs Rad gesetzt wurde. Und zwar: Montag bis Sonntag, jeweils von 8 bis 9 Uhr sowie von 17 bis 18 Uhr. Also in Zeiten, in denen viele Pendelnde typischerweise unterwegs sind. Wenn während dieser Zeiträume auch nur ein einziges Mal der Regenmelder anschlug, wurde die gesamte Fahrt als nass gewertet.

Graz ist am „trockensten“

Mit diesem zugrundeliegenden Schema zeigt sich, dass in allen Landeshauptstädten mehr als drei Viertel der Fahrten niederschlagsfrei sind. Die so gesehen „trockenste“ Landeshauptstadt ist – mit 86 Prozent an niederschlagsfreien Fahrten – Graz. Salzburg war mit 75 Prozent an niederschlagsfreien Fahrten die Regenhauptstadt.

Anteil trockener Fahrten in den Landeshauptstädten

Selektive negative Erinnerung

Setzt man das Ergebnis in Vergleich zu Fahrradstädten wie Amsterdam, zeigt sich, dass es dort zumindest gleich viel, wenn nicht noch mehr regnet. In allen österreichischen Landeshauptstädten gibt es jährlich weniger Regentage als in Amsterdam und Kopenhagen. Dazu kommt: Selbst wenn es einmal wirklich regnet, bedeutet es nicht, dass man auch durchnässt wird: Von den weniger als 25 Prozent Fahrten mit Niederschlag ist die Hälfte nicht messbar (Niederschlag <0,1 mm); viele Schauer dauern nur wenige Minuten.

Woher kommt also der Mythos vom schlechten Wetter? Gerard Poels, Gründer der niederländischen Seite italmostneverrains.nl (auf Deutsch: „Es regnet fast nie“) nennt als Grund selektive negative Erinnerung. Diese wird oftmals als Ausrede herangezogen, um das Fahrrad stehen zu lassen.

Man lässt sich die positiven Aspekte des Radfahrens entgehen – aus Angst vor dem sehr unwahrscheinlich eintretenden Regen. Mit ein wenig Geduld lässt sich der Schauer allerdings abwarten und gleich danach die frisch gewaschene Luft genießen. Gerade an den ultraheißen Hundstagen, die uns die Sommer der letzten Jahre bescheren, sind Regentage ja das Gegenteil von schlechtem Wetter…