Mit dem Faltrad könnte es gelungen sein, das perfekte Gerät noch einmal zu verbessern. Wird es doch damit für Menschen interessant, die im Alltag das Rad mit öffentlichen Verkehrsmitteln kombinieren wollen. Auch für Reisen sind Klappräder ideal: Eröffnen sie doch die Möglichkeit, Städte bequem per DRAHTESEL zu erkunden. Weil die Auswahl an Klapprädern inzwischen groß ist, wollen wir unseren Lesenden den Überblick erleichtern. Unsere zehn Testerinnen und Tester – Alltagsradfahrende verschiedener Altersgruppen und mit unterschiedlichem Mobilitätsverhalten – hatten jeweils mehrere Wochen Zeit, um die Gefährte zu erproben. Die Ergebnisse fielen selbstverständlich subjektiv aus und geben die persönliche Meinung unserer Autorinnen und Autoren wieder. Um die Bewertung für unsere Lesenden besser vergleichbar zu machen, ergänzen wir die Testberichte um einen Bewertungskasten, in den wir die Meinungen mehrerer professioneller Faltrad-Experten eingeflochten haben. Wer mit dem Gedanken spielt, sich ein Klapprad anzuschaffen, sollte sich zunächst den Anwendungsbereich überlegen. Je nachdem werden Fahrverhalten, Packmaß oder die Funktionalität des Klapp-Mechanismus im Vordergrund stehen. Wie immer beim Fahrradkauf empfiehlt sich auch beim Faltrad, auf sachkundige Beratung zu achten. Auch sollte das Rad vor dem Kauf ausgiebig Probe gefahren werden: Für das perfekte Fahrerlebnis müssen Ross und Reiter zusammen passen.

DE1_15_faltrad_thomas_querIMG_1736 Vello Speedster
Bis Klosterneuburg fliegt man leicht
Thomas Draschan findet nichts zu nörgeln
Aufsteigen, losschießen. Am Stau vorbei. Hochschalten, zehn Gänge, Radweg entlang, Alltagsradler überholen. Ganz traue ich mich noch nicht, das Ding auf Höchstgeschwindigkeit zu bringen, muss mich daran gewöhnen, ein Klapprad wie ein Rennrad zu fahren. Bis Klosterneuburg fliegt man leicht. Richtung Weinberge: Steigungen, kein Problem. Beim Einkaufen, mehrmals mit in den Laden genommen: ein Tritt auf die Hinterachse, am Sattel ziehen, das Hinterrad klappt elegant nach vorne und rastet ein. Die Linienführung des weißen Rahmens ist extrem elegant. Dazupassende weiße Laufräder erhöhen die Toleranz der nörgelnden Wiener bei Mitnahme in Esslokale, Fitnessstudio und U-Bahn. Selbstverständlich auch außerhalb der offiziell erlaubten Zeiten und ohne Aufpreis: Zusammengeklappt ist es ein Gepäckstück, das sich leicht rollen lässt. Erneut am Sattel anheben, Hinterrad schwenkt in Fahrposition, die magnetische Halterung rastet ein, sofort fahrbereit. Eine Führung in der Lenkstange verhindert ein Verdrehen nach dem Ausziehen des Lenkers. Eingebaute LED-Lichter vergisst man nicht im Wirtshaus. Detailverliebtes Designstück, das zu Recht bewundernde Blicke auf sich zieht. Sehr leicht ist es obendrein, da kein schweres Gelenk im Rahmen nötig.
Fazit: Will haben!

DE1_15faltrad_andrea_hoch_IMG_1716Brompton H6L
Sitzposition entscheidet alles
Andrea Siegl flucht nicht im Lift
Nehmen wir an: Ich wäre groß, würde auf komfortables Radeln setzen, nur in aufrechter Sitzposition den Überblick behalten und lange, mühsame Anstiege vermeiden. In diesem Fall hätte ich mit dem Brompton H6L und dessen perfekter Lift- und U-Bahn-Tauglichkeit mein Traum-Foldy gefunden. Der Test führte mein Brompton und mich durch drei Wochen Wiener Winter. Tapfer trotzten wir Schnee, Eis und sonstigen Wetterkapriolen. Ich stelle dabei zwei Dinge fest: Erstens: Wie bei jedem anderen Fahrrad ist die Sitzposition entscheidend. Bei dem für groß gewachsene Menschen (1,85 Meter oder größer) optimierten Vehikel passten deshalb für mich die Abstände Lenker-Oberkörper nicht. In Kombination mit dem U-Lenker entstanden mir Rückenschmerzen. Trotz dieser für mich ungünstigen Ausstattung war das Fahrerlebnis gekennzeichnet durch spritziges Fahrverhalten, exaktes Schalten (viel bessere Naben als bei älteren Brompton-Modellen!) und Turbo-Starts bei jeder Ampel. Zweitens: Es gibt inzwischen viele Räder am Markt, die sich falten lassen. Aber nur wenige faltet mensch auch gerne und immer wieder.
Fazit: Du weißt, dass deines ein echtes Falt-Rad ist, wenn du zum Lift kommst und nicht fluchst. Mit dem Brompton fluch ich nie 🙂

DE1_15faltrad_lena mit rad_hochTern Link
Flitzschnell unterwegs
Lena Robinson bekommt einen Muskelkater
Ich hole mein Tern Link mit einem City Bike vom Radhändler ab und habe anfangs Sorge, dass es unter mir zusammenklappt. Fühlt sich nicht an wie ein Rad, mit dem Leute wie ich Wind und Wetter trotzen könnten. Es dauert ein bisschen, bis ich mich an den schmalen Lenker und die kleinen Reifen gewöhne. Aber bald bin ich flitzeschnell unterwegs. Das Rad packt lange Strecken und hügelige Bezirke sogar noch besser als mein Stadtrad. Das Zusammenfalten des Rades funktioniert in der Praxis nicht einwandfrei: Ohne extra Klettverschlussband kann ich das gefaltete Tern keinen Meter weit schieben, da die Räder schief stehen. Der Magnet im Faltsystem hält nicht, was das Tragen anstrengend macht. Bald nutze ich es nicht mehr für alltägliche Fahrten. Ein zerlegbares Rad hängt man nicht gerne draußen an. So schleppe ich es von Hörsaal zu Hörsaal und habe am nächsten Tag einen Muskelkater. Als ich mich schließlich als Pendlerin versuche und mit der Bahn von Wien nach Graz fahre, komme ich drauf: Koffer und Rad gemeinsam geht irgendwie nicht…
Fazit: Ein bisschen kompliziert.

DE1_15faltrad_hans_hoch_IMG_1700Moulton
Stilecht durch die Marina strampeln
Hans Gruber wünscht sich Schenkel wie Godzilla
Wow, da steht es: Ein Denkmal englischer Ingenieurskunst. Konstruiert von Alex Moulton, einer Legende in der britischen Radwelt, der seinerzeit auch an der Entwicklung des Mini beteiligt war: Leichter, steifer Gitterrohrrahmen, raffinierte Federung, Zahnriemenantrieb, 2-Gang Automatikgetriebe. Und das Ganze im eleganten britischen Racing- Green. Wie bewährt sich das Schmuckstück in der Praxis? Trotz Miniatur-Lenker lässt sich das Moulton nach kurzer Eingewöhnung sicher und zielgenau durch die Stadt bewegen. Den besten Eindruck hinterlässt die Federung: Nie hat man das Gefühl, Tretkraft in den Federn zu versenken. Auch Alt-Wiener Pflaster wird weggebügelt. Das Getriebe leistet gute Dienste. Ab einer bestimmten Drehzahl wird der schnellere Gang eingelegt. Macht Spaß! Allerdings nur, solange es nicht bergauf geht. Beim Erklimmen der unteren MaHü braucht es Schwung, der allerdings nach wenigen Metern vom Getriebe unterbunden wird. Schnellgang bergauf verlangt Schenkel wie Godzilla. Noch etwas: Das Moulton ist kein Falt-, sondern ein „Zerleg-Rad“. Ohne Werkzeug und Geschick faltet gar nichts. Wer könnte sich dafür interessieren? Neben Technik-affinen Sammlerinnen und Sammlern vielleicht am ehesten Menschen, die mit dem Mini an die Adria fahren und dort stilecht durch die Marina strampeln wollen …
Fazit: Schick, schnell, begrenzt praktisch

DE1_15faltrad_birdy_inesingerle2015-14R&M Birdy
Flottes Stadtsofa zum Falten
Marcin Dopieralski findet sein Birdy zu gemütlich
Falträder sind für mich fremdartige Wesen. Ich hatte mich bis jetzt nie von diesem Fahrrad- Typ angesprochen gefühlt. Deswegen fand ich die Teilnahme am Test sehr spannend. Was man gleich vorweg sagen kann: Im Vergleich zu anderen Falträdern schaut das Birdy sehr futuristisch aus. Ob das Design gefällt, ist freilich eine Frage des individuellen Geschmacks. Mein Test-Modell ist ein sehr komfortables Stadt-Faltrad, das meinem Fahrstil überhaupt nicht entspricht. Die Sitzposition ist sehr gemütlich, so dass ich das Gefühl hatte, auf einem faltbaren Sofa unterwegs zu sein. Die Nabenschaltung Nexus 7 ist ebenfalls nichts für aggressive, sondern eher etwas für entspannt Fahrende. Allerdings gibt es das Riese & Müller in allen möglichen Modell-Konfigurationen: Drei unterschiedliche Vorbauten und vierzehn Ausstattungsvarianten, Nabenschaltung von Shimano Nexus, Alfine oder sogar Rohloff (!) bis hin zu verschiedenen Kettenschaltungs-Systemen. Auch bei den Bremsen ist die Bandbreite groß: V-Brakes, hydraulische Felgenbremsen, mechanische und hydraulische Scheibenbremsen – alles ist möglich.
Fazit: Ein komfortabler Gleiter, der an die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden kann.

DE1_15faltrad_margit_IMG_1706Flik EZ V9
Das Faltrad mit der Klapp-Kiste
Margit Palman führt den Critical Mass-Härtetest durch
Schon bei der Übergabe begeistert mich das ungewöhnliche Design des Flik EZ V9, das mit seinem Chopper- Lenker und der Sattelfederung an ein Geländerad aus den 1970er-Jahren erinnert. In der U-Bahn werden gleich Falt-Mechanik und Packmaße getestet. Die Schnellfaltung erweist sich dabei als praktisch: einfach den Hebel vor dem Sattelrohr lösen und den Hinterbau nach vorne klappen. Auch bei Fahrkomfort und Spritzigkeit punktet das Flik. Die 18 Kilometer bei der Jänner-Critical Mass machen Spaß. Nicht zuletzt aufgrund der Neun- Gang-Schaltung und der Wirbelsäulenschonenden Sattelfederung. Zwar kann ich meine Packtaschen nicht benützen, da diese nicht auf dieses System passen, dafür steht mir eine gut verarbeitete Klappkiste zur Verfügung. Kritikpunkte: Die Lichtanlage könnte aber heller sein, und die mitgenommene Zusatzbeleuchtung lässt sich nicht optimal befestigen. Auch beim Radständer könnte man nachbessern: Stabilität schaut anders aus.
Fazit: Äußerst komfortabel

DE1_15faltrad_hager_quer_IMG_1721Bike Friday Tikit Hyperfold
Spontaner Applaus auf dem Bahnsteig
Alec Hager, bekennender Bike Friday-Fan
Der Beatles-Song „Ticket to Ride“ verlässt die Lippen nicht mehr, wenn man das vielleicht ausgefuchsteste Faltrad des Planeten unterm Hintern hat. Die Entscheidung fiel leicht. Bike Friday ist eine legendäre US-Manufaktur für Reisefalträder. Im Jahr 2007 kam mit dem „Tikit“ ein neues Modell aus Oregon, zugeschnitten auf die Ansprüche des intermodalen urbanen Pendlers. Die Kernqualitäten: Geschwindigkeit und Faltmechanismus. Die Entwicklungsabteilung von Bike Friday erfand dafür den stahlseilgeführten „Hyperfold“-Entriegelungsmechanismus, der alles Geschraube unnötig macht. Ein Klaps von unten auf den Sattel, kurzes Abrakadabra mit Schwung, und nach spätestens vier Sekunden wird aus dem Rad ein Gepäckstück auf 16-Zoll-Rädern. Auffalten geht noch schneller, spontaner Applaus am Bahnsteig ist keine Seltenheit. Dazu fährt das Rad auch noch sehr stabil, da das Zentralrohr nicht – wie bei anderen Mitbewerbern – geklappt wird und so seine durchgängige Steifigkeit behält. Meine Testfahrten führten neben sechsjährigem Dauerbetrieb in Wien unter anderem durch New York und das Westjordanland, abgesichert durch die lebenslange Garantie auf den handgefertigten Stahlrahmen in Wunschfarbe.
Fazit: What a Tikit to ride!

Strida
Abstellen nur mit Bauchweh
Thimothy Bidwell nimmt das Strida auf die Hauptuni mit
Wie das Strida ins Auge sticht! Die Leute schauen nicht schlecht, wenn ich mit einem Handgriff ein futuristisches Rad herbeizaubere und davon düse. Einen Berg erklimmen, werde ich mit dem Strida kaum – doch in der Fläche ist es erstaunlich schnell, bremst gut und liegt toll in der Hand. Theoretisch kann das Strida überall hin mit: in den Hörsaal, ins Studierendenwohnzimmer, sogar in die Straßenbahn. In der Praxis überlegt man sich dies des Gewichts wegen jedoch zweimal. Ich habe wenig Lust, mein Strida ins Labyrinth der Hauptuni zu nehmen oder es zusammengeklappt weit zu schieben, wiegt es doch ebenso viel oder sogar mehr als ein normales Stadtrad. Also stelle ich es vor dem Unigebäude ab, aber mit Bauchweh, denn das Strida lässt sich ebenso wenig wirklich sicher absperren. So fetzig wir gemeinsam auch sind – Zeitweise bezweifle ich, ob das Strida und ich wirklich für einander geschaffen sind. Besser dient es wohl jenen Radfahrenden, die in ihrer Arbeit einen größeren Platz für sich allein haben und bereit sind, für die Sicherheit ihres DRAHTESELs tiefer in die Tasche zu greifen.
Fazit: Bequem, sicher und vor allem eins: unglaublich lässig

DE1_15_peter_alexander_hoch_IMG_1732Xootr Swift
Getuned mit Loopwheels und Schlumpf
Peter-Alexander Pöltl wippt nicht gerne
das sich überallhin (Öffis, Auto, Flugzeug) mitnehmen lässt. Das haben die Entwickler auch hervorragend hinbekommen: 20 Kilometer zur Freundin aufs Land oder 55 Kilometer mit Anhänger Drahtesel -Magazine ausliefern durch Wien spule ich wie mit meinem normalen Rad problemlos ab. Auch lange Tagestouren kann ich mir damit gut vorstellen. Der Klapp-Mechanismus ist recht simpel, allerdings ist das gefaltete Xootr nicht besonders klein. (Jedenfalls zu sperrig, um es mit ins Kaffeehaus zu nehmen.) Zur Sonderausstattung: Die Loopwheels – Räder mit einer Art Speichen- Dämpfung – bringen erheblich mehr Grip und Komfort auf rauem Untergrund. In der Stadt und auf Schotterwegen liebe ich sie. Über Stufen und Randsteine zu hüpfen, macht echt Laune. Nur in der Wiese versagen die 20-Zoll-Hochdruckreifen. Und dass die Loopwheels mit ihren fünf Zentimeter Federweg nicht mit einem voll gefederten Mountainbike vergleichbar sind, brauch ich wohl nicht erwähnen. Was den Schnellfahrer in mir stört, ist das Wippen, das bei erhöhtem Krafteinsatz
Fazit: Das Xootr in der Testversion ist ein Liebhaberstück. In der Standard-Variante ist das Rad eine günstige Alternative zu anderen Falträdern

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Alle Fotos: Matthias Bernold, außer Foto Marcin Dopieralski: Ines Ingerle, Foto Timothy Bidwell: privat