„Das ist der Jackpot“
Manche Leben für das Reisen mit dem Rad, einige wenige aber davon: Das Salzburger Radreise-Influencer-Paar „Saddle Stories“ erzählt, wie alles begann und wie sie Profis wurden
Unter dem Namen „Saddle Stories“ sind Angelika Hinteregger (34) und Reinhard Maxbauer (38) in der Rad-Reise-Community Stars: Die „Bike-Fluencer“ aus Salzburg leben davon, über das Radreisen zu erzählen. Vom Radfahren erzählt das Salzburger Paar seit 2018. Da fuhren sie 27.000 Kilometer weit durch insgesamt 24 Länder. Von Schottland übers Nordkap bis nach Malaysia.
Die beiden erkunden die Welt auf dem Gravel- oder Reiserad und zu Fuß. Mittlerweile reisen Angi & Reini (so ruft sie alle Welt) auch per Faltboot und schwimmend. Ihren Abenteuern folgen auf YouTube und Instagram heute über 70.000 Outdoor-Follower – auch wegen des hier vermittelten Know-hows.
INTERVIEW: Valentin Eisendle
DRAHTESEL: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen?
Angi: Meine erste Berührung mit dem Radreisen war, als mein Vater und mein Bruder mit dem Rad nach Griechenland gefahren sind. Später, mit 19 Jahren, wollte ich mit meiner besten Freundin nach Paris fahren. Wir beschlossen, das mit dem Rad zu machen. Wir hatten keine Erfahrung und keine spezielle Ausrüstung, aber dieses Abenteuer war der Beginn meiner Leidenschaft fürs Radreisen.
Reini: Anfang 20 habe ich mit Triathlon begonnen, da gehört Radfahren natürlich dazu. Es ging mir primär um die sportliche Herausforderung. Erst als wir einander 2015 kennengelernt haben, hat sich das mit dem Radreisen entwickelt. Wir sind damals von Venedig nach Rom gefahren – ein super Erlebnis. Irgendwann kam dann die Überlegung: Warum aufhören, wenn es am schönsten ist? So entstand die Idee einer Fahrrad-Weltreise.
Viele leben fürs Radreisen, ihr davon: Ihr betreibt Bikepacking mittlerweile hauptberuflich. Wie geht das?
Angi: Ja, genau: Seit Jänner 2023 sind die „Saddle Stories“ unser Vollzeitjob, unsere einzige Einkommensquelle. Saddle Stories ist ein bisschen wie ein klassisches Reisemagazin: Unsere „Leser“ sind unsere Zuseher. Wir sprechen zu einer sehr speziellen Zielgruppe, die sich fürs Radfahren interessiert. Wenn wir über eine Region berichten, erreichen wir also genau die Leute, die an diesen Themen interessiert sind. Das ist eine sehr „spitze“ Zielgruppe und daran, solche Zielgruppen punktgenau zu erreichen, haben Firmen und Tourismusregionen enormes Interesse.
Egal ob es um Radwege oder das nächste Zelt geht: Firmen interessiert unsere Reichweite. Aber: Es muss passen. Wir wählen Kooperationspartner nur dann aus, wenn wir ihre Routen oder Produkte auch privat nutzen würden.
Reini: Man kann nie genug Leute zum Radfahren motivieren. Wenn man, was man gerne tut, zum Beruf machen kann, ist das der Jackpot. Wie in einem Print-Magazin gibt es bei uns Werbeeinschaltungen, aber auch Beiträge, für die wir nichts bezahlt bekommen. Derzeit etwa arbeiten wir an unserer „9-Seen-Challenge“: Ich schwimme in acht Tagen durch neun Salzburger Seen, jeweils der Länge nach. Angi begleitet mich mit einem aufblasbaren Packraft, auf dem unser Zelt und mein Rad liegen. Ich radle dann zum nächsten See, während sie läuft. Und das wiederholt sich dann immer wieder.

Zelt und Rad sind immer dabei. Auch bei der 9-Seen-Challenge: Er schwimmt, sie padddelt – und dann wird campiert.
Wow – warum?
Angi: Weil es Spaß macht. Und auf YouTube kann man alles mitverfolgen. Klassische Radwege sind für uns mittlerweile Arbeitsalltag – wir fahren dort zwar wahnsinnig gern, aber es ist spannend, andere Sachen auszuprobieren. So entstand diese Challenge.
Ihr spielt mittlerweile in der Championsleague. Aber: Wie beginnt man am besten mit dem Radreisen?
Reini: Ich würde zuerst überlegen, wie fit ich bin. Davon hängt ab, ob ich lieber locker durch Niederösterreich radle oder mir die Berge von Tirol zutraue. Dazu gehört auch, ob ich gemütlich mit dem E-Bike oder dem Bio-Rad fahre.
Und wie komfortabel es sein soll. Am besten beginne ich mit einer kurzen Tour mit nur einer Übernachtung. Wenn ich mit dem Zelt unterwegs bin, zuerst am Campingplatz statt wild: Das nimmt Druck raus und macht vieles planbarer.
Angi: Man sollte sich am Anfang nicht zu viel vornehmen, nicht gleich alles wollen. Was wichtig ist: eigene Erwartungen ehrlich abklären. Wenn ich an Zelten denke, fühle ich mich da wohl? Traue ich mir das zu? Man kann sich ja langsam herantasten.
Welche Routen oder Regionen empfehlt ihr Einsteiger*innen?
Angi: Für den Einstieg eignen sich Flussradwege besonders gut, sie sind meist gut ausgeschildert, man kann sich leicht versorgen und es gibt kaum Steigungen. Klassiker wie der Donauradweg oder der Alpe-Adria-Radweg sind da ideal.
Reini: EuroVelo-Routen unterscheiden sich voneinander stark in puncto Weg-Qualität: Manche Abschnitte sind super ausgebaut, andere deutlich weniger. In Österreich, Frankreich, Belgien oder Deutschland sind die EuroVelo-Routen meist top, während etwa Kroatien sehr unterschiedlich ausgebaut ist – teils katastrophal, teils sehr gut.

Begonnen hat es mit (zu) viel Gepäck, heute wird der Graveler ultraleicht-minimalistisch gepackt.
Und welche konkreten Tipps gebt ihr Anfänger*innen mit auf die Reise?
Angi: Am einfachsten ist es, eine fix-fertige Route zu wählen, zum Beispiel von Routenplattformen wie Komoot. Tourismusverbände stellen oft Routen-Daten zur Verfügung. Wichtig: Schon bei der Planung genau auf Steigungen, Untergrund und die Eignung der Wege fürs Rad achten.
Reini: Immer dabei haben sollte man ein kleines Werkzeugset für Pannen, ein Erste-Hilfe-Set, Wasser und Snacks für die Strecke – und natürlich einen Helm. Das Schichten- oder Zwiebelprinzip ist beim Radfahren sehr praktisch: Man muss beim Packen auf das Gewicht achten. Besonders, wenn man nicht mit einem E-Bike fährt, macht es einfach mehr Spaß, weniger Gepäck dabei zu haben. Tatsächlich lernt man recht rasch, wie wenig man wirklich braucht.
Tipp von den Radreise-Profis
Wäsche schnell trocknen: Einfach das nasse Kleidungsstück in ein Handtuch einrollen und draufsteigen oder fest einrollen – damit drückt man die Feuchtigkeit heraus, das Teil ist am nächsten Morgen definitiv trocken.
Ihre Abenteuer (beinahe) live mitverfolgen:
facebook.com/saddlestories.at
instagram.com/saddlestories.at
youtube.com/@saddlestories_at
Die aktuellen Top 3 Routen von Saddle Stories:
Gravel Austria – Tirol
West nach Ost
Bikepacking im SalzburgerLand:
Die „harte“ Gravelroute
„Naturparke Gravel-Crossing“ – Von Mannheim nach Basel
Alle Saddle Stories-Routen sind auf dem Komoot-Profil der beiden abrufbar.