Der Fahrrad-Tourismus boomt und mit ihm der Markt für Navigationsgeräte. Unzählige Geräte verschiedenster Hersteller sind auf dem Markt. Das Angebot ist dabei ebenso verwirrend wie die Leistungspalette der Navis

Text: Reinhold Seitl

Fahrradreisende zieht es gern in unbekannte Gegenden. Neue Landschaften und spannende Begegnungen paaren sich jedoch regelmäßig mit Orientierungsproblemen. Landkarten – das war gestern. Technikfreudige Radl-Reisende blicken auf ihr Navigationsgerät an der Lenkstange, das den Weg weist. GPS-Fahrradcomputer der neueren Generation warten mit einer langen Feature-Liste auf: Navigation und Routenplanung, Slot für Landkarten auf (micro)SD, Sprachansage, USB-Schnittstelle ⁄ n, WiFi, Bluetooth, Touchscreen (auch handschuhtauglich), stoßfest und wasserdicht, Live-Tracking, Wattmess- System-Einbindung für die sportliche Leistungskontrolle, Smartphone- Koppelung … Spitzengeräte haben weit über 100 Anzeigemöglichkeiten. Manche Wegsuchende fühlen sich dadurch über-informiert oder brauchen vieles davon nicht. Andere freuen sich über die Fülle der angebotenen Leistungen. Ist doch nicht so schlecht, den GPS-Track laufend an ein Smartphone (und von dort an die Cloud) zu senden oder sich Rundfahrten in der Umgebung (inklusive Höhenprofil) vorschlagen zu lassen. In vielen Fällen macht es Sinn, die Tour am PC vorzuplanen, denn die automatisch berechneten Strecken am Navi sind nicht automatisch die besten oder schönsten. Auf ein gutes Navi lassen sich die Strecken laden. Die Karten für den Fahrradcomputer sind teilweise kostenlos. Teilweise müssen die Kartenpakete erworben werden. Das kann durchaus ins Geld gehen: So kostet etwa das Kartenpaket des Marktführers Garmin für Italien und Griechenland knapp 40 Euro, das für Australien und Neuseeland schon 145 Euro. Auch der Download von speziellen Anbietern wie etwa Alpenvereinen ist mit Kosten verbunden. Immerhin bieten Urlaubsregionen den Gratisdownload fürs Navi von Radtouren der Gegend an. Wer kaum Zusatzinformationen über die Umgebung auf dem Navi benötigt, kann zu einfacheren Ausführungen greifen, die keine Kartendarstellung auf dem Display zeigen. Die Routenführung erfolgt hier durch die Darstellung von Linien und Pfeilen auf dem Bildschirm. Noch einfacher geht es durch blinkende LED-Orientierungslichter direkt am Lenker. Das wird bisher nur selten verbaut, dann aber meist im Bündel mit anderen elektronischen Innovationen wie Ultraschall-Sensoren, Totwinkel-Assistenten, vollständiger Smartphone-Einbindung u.a.

Smartphones kein Ersatz fürs Navi

Smartphones alleine sind als Navigationsgeräte auf Radreisen übrigens kein brauchbarer Ersatz für GPS Fahrradcomputer. Das Display ist am hellen Tag schlecht ablesbar und schaltet sich bei Sonneneinstrahlung wegen zu hoher Temperatur ab. Als Orientierungshilfe kann das Handy in Zusammenarbeit mit einer guten App und Offlinekarten nützlich sein. Auf alle Fälle sollte die Navihalterung Schutz vor Witterung bieten. Nicht alle Geräte sind nämlich wetterfest.

GPS Test

Garmin Edge 1000Garmin edge 1000
Spielt alle Stücke
Peter Dworak
Das Top-Gerät aus dem Hause Garmin ist etwas größer und schwerer als der Garmin Edge 800, dafür aber fl acher gebaut. Das Gehäuse sieht edel aus und macht einen hochwertigen Eindruck. Er hat mit einem Drei-Zoll- Bildschirm das bisher größte Display aller Radcomputer. Anfangs ist das kapazitive (berührungsempfi ndliche) statt resistive (druckempfi ndliche) Display gewöhnungsbedürftig, schon die Nähe des Fingers über dem Glas kann eine Aktion auslösen. Vor allem auf Schotter- und Forststraßen ist damit das Rumtippsen obsolet. Kein Problem auch die Bedienung mit Handschuhen. Kernfunktionen des laut Listenpreis knapp 500 Euro teuren Gerätes (enthalten sind dabei Brust-Gurt, Tritt- und Speed-Sensor sowie Garmin- OpenStreetMap-Karte) sind Training und Navigieren. Letzteres erfolgt in der OpenStreetMap-Europa von Garmin. Die – auch akustischen – Abbiegehinweise sind allerdings nicht ganz ausgereift. Auch kommen die Signale schon mal zu spät. Das ist beim schnellen Rennradtraining ein Problem. Abgesehen von den gängigen Anzeigen am Display gibt es die verschiedensten Infos über Wattleistung, Wettermeldungen, Livetracking oder über potenzielle Trainingspartner in Reichweite. Einige dieser Funktionen sind nur verfügbar, wenn eine Smartphone- bzw. Internet-Verbindung besteht. Der Akku reicht für eine Ganztagestour nicht aus, nach sechseinhalb bis acht Stunden ist jedenfalls Schluss; auch wenn Displaybeleuchtung, WLAN und Bluetooth ausgeschaltet blieben. Fein ist eine optional erhältliche Fernbedienung. Damit lässt sich – ohne die Hand vom Griff zu nehmen – etwa die Beleuchtung ein- und ausschalten. Was wiederum wichtig ist zum Stromsparen …

Fazit: Das Garmin Edge 1000 bietet einen von keinem anderen Gerät zu toppenden Funktionsumfang. Allerdings wird nicht jede Funktion jedem User nützen. Beim Navigieren bestehen Verbesserungsmöglichkeiten.

20150712_160248Teasi One²
Der kleine Plagegeist
Daniela Schulhofer
Drei Wochen lang war ich mit dem Teasi One (Kaufpreis: 134 Euro) in Europa unterwegs. Eine große Hilfe war das Gerät dabei nicht. Im Navigierenzu- Modus werden drei Routen (Standard, leicht, schnell) vorgeschlagen. Will man eine Tagestour planen und verschiedene Zielpunkte oder Wegpunkte einrichten, wird es mühsam. Es lassen sich zuvor erstellte Routen importieren. Dies scheint das Gerät allerdings zu überfordern. Noch bevor die Tour richtig begonnen hat, bricht die Navigation bereits ab. Es erscheint die Meldung „Ziel erreicht“ oder „bitte wenden“. Lässt man dem Gerät seinen Willen und akzeptiert die vorgeschlagene Route, funktioniert die Navigation gut. Das heißt, solange man keinen Meter von der berechneten Route abweicht. Das Gerät ist nicht in der Lage, Neuberechnungen in Realtime durchzuführen und mega-unfl exibel: Eine Reaktion auf reale Gegebenheiten, etwa eine Baustelle, ist nicht möglich. Das Teasi („to tease“ bedeutet im Englischen übrigens „jemanden nerven“) hängt sich in neun von zehn Fällen auf. Meistens hilft ein Neustart. Aber regelmäßig friert das Gerät ein. Dann heißt es: Warten bis der Akku leer ist. Vieles scheint nach dem Zufallsprinzip zu funktionieren. Wie auch der automatische Zoom oder die Ausrichtung nach „Fahrtrichtung oben“, was sich nach wenigen Minuten von selbst ändern kann. Die Bedienung des trägen Touchscreens ist ungewohnt. Um jetzt einmal etwas Positives zu schreiben: das Kartenmaterial basiert auf OpenStreetMaps, die nicht teuer zugekauft werden müssen. Damit sind wir bereits wieder bei den Schwächen. Nach zwei Wochen verfällt das Teasi in Schockstarre: Totalausfall, alle Reset-, Lade- und Neustartversuche bleiben vergebens.

Fazit: Alles zu umständlich, zu zeitaufwendig und fehleranfällig. Vor allem für längere Touren besser Straßenkarten mitnehmen. Oder gleich ein anderes Gerät…

DSCN9975 Xplova G3Xplova G3
Brustschwache Batterie
Mario Sedlak
Das „G3“ wird von der Firma xplova aus Taiwan als GPS-Fahrradcomputer (ab 129 Euro) verkauft. Im Vergleich mit anderen Navigationsgeräten ist das Display mit 35×44 Millimetern ziemlich klein. Die Steuerung erfolgt – ungewöhnlich – nicht mittels Touchscreen, sondern über Tasten. Auff allend sind zwei große Knöpfe auf der Vorderseite, mit denen eine Aufzeichnung gestartet bzw. eine Zwischenzeit gespeichert werden kann. Das lässt den typischen Einsatzzweck des xplova G3 erahnen: das Aufzeichnen von Trainingsfahrten, um sie nachher zu analysieren. Dazu verbindet man das Gerät mit einem Windows-PC, auf dem man die mitgelieferte Software installiert. Wer einen Funk-Pulsmesser hat, kann dessen Signale am G3 empfangen und mitspeichern. Ebenso ist mit entsprechendem Zubehör die Aufzeichnung der Trittfrequenz möglich. Nach dem Einschalten zeigt das xplova G3 Geschwindigkeit und Kilometerstand an. Weitere Daten und Diagramme (Höhe, Puls usw.) sind darstellbar. Die Karte am G3 stammt von Open- StreetMap. Sie enthält allerdings nur die wichtigsten Orte und Straßen. Bei Vergrößerung sind nur noch Höhenlinien sichtbar. Zum Navigieren ist das unbrauchbar. Über die mitgelieferte Xplova G3 Brustschwache Batterie Mario Sedlak Software sollten andere, genauere Karten von OpenStreetMap kostenlos auf das Gerät gespielt werden können, was in meinem Test allerdings nicht klappte. Möglich ist das Aufspielen von Routen im GPx-Format. Die eigene Erstellung von Routen ist ebenfalls möglich, aber nur am Computer, nicht am G3 direkt. Für längere Radtouren ist das Gerät jedoch nicht tauglich, denn der Akku hielt mit eingeschaltetem Display knapp zwei Stunden! Weitere Schwächen: Bei Stillstand zeigt die Geschwindigkeitsanzeige nicht Null sondern wechselnde Werte bis zu ein paar km ⁄ h. Auf der Bielerhöhe wurden 1.976 Meter Seehöhe angezeigt. Korrekt wären 2.036 Meter gewesen, und die wurden bis auf ein paar Meter genau von meinem Garmin Oregon 450, das ich ebenfalls mithatte, auch angezeigt. Auf Tastendruck reagiert das G3 oft mit einer gewöhnungsbedürftigen Verzögerung. Der berechnete Kalorienverbrauch ist auf einer Bergstrecke ungefähr gleich wie in der Ebene. Für eine importierte GPx-Route zeigt die Software ein Höhenprofi l, aber keine Höhenmeter an …

Fazit: Meinem Eindruck nach ist das Xplova G3 nur begrenzt brauchbar. Der relativ hohe Preis scheint mir nicht gerechtfertigt.